Kirchenplatz 11

Pfarrhaus – Superintendentur – Zehntscheune – Zapfenwirtschaft – Garn AG – Petry KG

Pfarrhaus

  • 1565 wurde auf dem Platz ein neues Pfarrhaus errichtet.
  • Das Dekanat in Baiersdorf wurde um 1558 gegründet.
  • 1652 wurde das Gebäude als Dechands-Haus (= Pfarrhaus) mit Stadel und Stallung erwähnt. Es handelte sich um einen Neuaufbau nach dem 30jährigen Krieg.
  • In einem Arbeitsvertrag zwischen einem Zimmermann und der Kirche von 1654 wurde ein Neubau des Dekanats beschrieben: dreigädiges (=dreistöckiges) Haus mit Giebel zur Pfarrgasse, Haus stößt rückwärts an den Kirchhof mit Ausgang zur Kirche.
  • 1678-1683 waren das Dekanat Baiersdorf und Neustadt a. d. Aisch in Personalunion verbunden.
  • 1683 wurde der Name von Dekan zu Superintendent und Dekanat zu Superintendentur Baiersdorf geändert.
  • Bis 1750 befand sich die Super­intendentur am Kirchenplatz 11. Danach zog das Pfarrhaus in die Pfarrgasse um.
  • 1814 wurde das Dekanat nach Erlangen verlegt.

Zehntscheune

  • Die Zehntscheune wurde nach dem Pfarrhaus am Kirchenplatz 11 errichtet.
  • Im Urkataster von 1834 wurde beschrieben, dass die Stadtpfarrei den Groß- und Kleinzehnt vom größten Teil der Äcker in Natur bezog.
  • Zur Lagerung des „Zehnten” diente die Zehntscheune.
  • 1880 verkaufte die Kirche die Zehntscheune an die Stadt.
  • Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Nutzung der Scheune geändert. Es wurden Eiskeller eingebaut. Aus diesem holten sich im Hochsommer hauptsächlich die Metzger Eis für den eigenen Hauskeller. Die Stadt hatte dort Lagerräume und auch die Firma Eisen verwendete in ihrer Gründerzeit Räume zur Herstellung ihrer Produkte.
  • 1949 verkaufte die Stadt das Grundstück der ehemaligen Zehntscheune an die Garn AG.
Alte Scheune um 1900
  • 1951 wird das ursprüngliche Gebäude abgerissen, um Platz für den Neubau der GARN AG zu machen.

Zapfenwirtschaft

  • 1780 wurde am Kirchenplatz 11 ein Brauhäuschen errichtet.
  • 1811 ist an diesem Platz eine Zapfenwirtschaft* mit „einem Wohnhaus, zweigädig (= zweistöckig) mit Stallung, Schweinestall, Brunnen, Hofrait* und Schorgärtlein“ zu finden.
  • Später war diese Zapfenwirtschaft unter dem Namen „Zum Markgrafen” bekannt.
  • 1855 findet man als Besitzer Johann Friedrich Kupfmüller, als Wirt und Bäckermeister ausgezeichnet. Er lebt in einem „zweigädigen (= zwei­geschossigem) Wohnhaus mit Bierwirtschaft- und Bäckerei­gerechtigkeit, dazu Fass- und Holzremise*, Wagenremise, Schweinestall und Hofmann. Die Fass- und Holzremise hängen mit dem Wohnhaus, der Schweinestall mit der Wagenremise zusammen. Hinter dem Haus befindet sich der Pflanzgarten.“
  • Im Herbst 1924 brannte das Haus nieder.
  • 1925 wurde das Grundstück an die Garn AG verkauft.

* Zapfenwirtschaft: Das Bier wurde nicht selbst gebraut, sondern gezapftes / gekauftes Bier von anderen Brauereien wurde dort ausgeschenkt. Meist gab es nur wenige Sitzgelegenheiten.

* Hofrait: eine mehr oder weniger abgerundete Bodenfläche, auf der die Wohn- und Ökonomiegebäude mit dem freien Hofraum in der Mitte standen, zu denen meist noch ein kleineres Stück Gartenland geschlagen war.

* Remise: Wirtschaftsgebäude, Schuppen o. ä. das in der Regel an der rückwärtigen Grundstücksgrenze zum Abstellen von Fahrzeugen, Geräten, Werkzeugen und ähnlichem errichtet wurde.

Garn AG – Werk „Weiferei Baiersdorf“
  • Die Färberei Glauchau AG wurde 1889 als „Färberei Glauchau, vorm. Otto Seyfert“ in Sachsen gegründet.
  • In Sachsen beschäftigte die Firma ca. 350-400 Mitarbeiter in Fabrikation und Verwaltung. Die Firma widmete sich dem Färben und Bleichen von Stoffen, zwirnen, spulen und weifen (= haspeln) von Garn, sowie dem Veredeln von Spinnfasern.
  • 1922 kaufte die Gesellschaft ein bebautes Grundstück am Kirchenplatz in Baiersdorf und richtete als Ergänzung des Glauchauer Haupt­werkes einen Fabrikations­betrieb mit 30-50 Arbeitnehmern ein.
  • 1924 brannte das Anwesen der „Weiferei GmbH Baiersdorf“ zum großen Teil nieder. Damit auch die alte Hausnummer 38, in der bis 1750 die Superintendentur zu finden war.
  • Der Platz der alten Fabrik wurde mit einem neuen Anwesen überbaut, in dem Anfang September 1925 der Betrieb im erweiterten Umfang mit etwa 100 Arbeitskräften wieder­aufgenommen wurde.
  • 1949 wurde das angrenzende städtische Grundstück der soge­nannten „Zehntscheune” erworben. Das alte Gebäude wurde abgerissen und ein moderner Neubau entstand.
  • 1951 wurde ein weiterer Nebenbau in der Pfarrgasse errichtet.
  • Das Werk verfügte über eine Zwirnerei, Spulerei, Strick- und Nähgarnfabrik, sowie über eine größere Anzahl von Garnauf­machungs­maschinen für Spezialzwecke.
  • Ebenso waren für die damalige Zeit modern eingerichtete Lagerräume sowie Transportmittel vorhanden. Sämtliche Maschinen waren mit elektrischem Antrieb versehen.
  • 1952 erfolgte die Umbenennung von Färberei Glauchau AG in Garn AG mit Hauptsitz in Bad Kissingen.
  • Die Garn AG war auch börsennotiert.
  • 1953 firmierte die Garn AG um in eine GmbH.
Garn AG Anzeige von 1953

Hemdenfabrik Petry KG

  • Ab Anfang der 60er Jahre befand sich in den Räumen des Kirchenplatzes 11 die Firma Petry KG.
Ehemaliger Kundeneingang zum Verkaufsraum der Petry KG
  • Die Wäschefabrik stelle überwiegend Hemden und Blusen her.
  • Sie war auf die Fertigung von Hemden mit dem Emblem „Schwarze Rose” spezialisiert.
  • Vor allem fanden Frauen dort eine Beschäftigung.
  • Die Angestellten kamen über den Eingang am Kirchenplatz in die Arbeitsräume. Kunden betraten den Verkaufsraum über die Pfarrgasse.
Einblick in die Produktion in den 60er Jahren
  • Auch eine Änderungsschneiderei war hier zu finden.
  • Die Firma wurde Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre geschlossen.
  • Heute befinden sich in dem Gebäude „Kirchenplatz 11“ die Diakonie, eine Fachakademie und verschiedene Unternehmen.